Sammlung Peter Merschroth

Das Kriegsgefangenenlager

Bereits zu Beginn des ersten Weltkriegs plante die oberste Heeresleitung die  Errichtung größerer Gefangenenlager. Wir können heute davon ausgehen das Griesheim aus folgenden Gründen hierfür auserwählt wurde: die relative Nähe zum Französischen Kriegsschauplatz, die gute Verkehrsanbindung  mit dem Bahnhof Darmstadt als zentralem Anlaufpunkt sowie das große Platzangebot das sich für den Bau der Unterkünfte eignete. Aber auch die ständige Präsenz umfangreicher Truppenteile auf dem Übungsplatz machten Griesheim zu einem geeigneten Standort. Nach den militärischen Erfolgen der deutschen Armee in den ersten Wochen des Krieges und dem hierdurch bedingten Aufkommen an Gefangenen vergrößerte sich das Lager stetig.  Die in Holzbauweise errichteten Baracken wurden in einem separaten und  abgegrenzten Teil des Übungsplatzes errichtet. Als besonders  problematisch erwies sich die Tatsache das ein Großteil der Gefangenen  mit Verletzungen in Griesheim ankamen. Auf fast allen Bildern von damals ist zu erkennen das viele Soldaten, nur notdürftig versorgt, den Weg in die Gefangenenschaft fanden. Aus diesem Grund wurde ein eigenes  Kriegsgefangenenlazarett errichtet das für die damalige Zeit hochmodern eingerichtet war. Neben großen Unterkünften für die Kranken und  Verletzten verfügte es über Operationsräume, auch für umfangreiche und komplizierte Eingriffe. Die Bewachung der Gefangenen übernahmen Altgediente Soldaten der Landwehr und des Landsturms. Das Lager selbst war eine abgeschlossene Welt für sich die über eine eigene Verwaltung, eigene Geschäfte also über eine komplette Infrastruktur verfügte. Selbst über eine eigene Währung, das Kriegsgefangenengeld des XVIII. Armee-Korps, verfügte man.

Die Kriegsgefangenenlager im Reich

Im Verlauf des 1. Weltkriegs mußten über 2,5 Millionen Kriegsgefangene im  deutschen Reich untergebracht werden. Hierfür wurden 95 Mannschafts- und 80 Offizierslager eingerichtet. Eingeteilt waren die Lager in  Inspektionen die meist dem Bereich eines bestehenden Armeekorps  entsprachen. Die Mannschaftslager wurden oft bei Truppenübungsplätzen  oder größeren Garnisonstädten eingerichtet, Offizierslager hingegen in  Schlössern, Burgen oder geräumigen Landhäusern. Die Größe der Lager  varierte stark von über 70.000 in einem Mannschaftslager in der Heide  bei Soltau bis zu 25 Offizieren in einem Jagdschloß. Neben Griesheim gehörten zum Bereich der XVIII Inspektion noch die  Mannschaftslager Giessen, Meschede, Wetzlar und Worms sowie die  Offizierslager in Frankfurt, Friedberg, Mainz und Weilburg. Interniert waren hier ca. 75.000 Mannschaftsdienstgrade und etwa 1800  bis 2000 Offiziere. Da für Mannschaften eine Arbeitspflicht bestand  hatten viele Lager auch Außenstellen in Betrieben und Behörden bei denen die Gefangenen eingesetzt waren. Offiziere hingegen genossen auch in  der Gefangenschaft die ihnen zustehenden Privilegien, ihnen wurden  Ordonanzen zugeteilt, sie bekamen weiterhin ihren Sold (allerdings meist in Form von Lagergeld), sie hatten die Möglichkeit zu musizieren oder  Sport zu treiben und konnten in eigens eingerichteten Kantinen  einkaufen. Selbst alkoholische Getränke waren erhältlich und es wurde  Theater gespielt und Feste gefeiert. Die Arbeitseinsätze der  Mannschaften waren sehr unterschiedlich, sie konnten in den Lagereigenen Werkstätten eingesetzt werden, in der Landwirtschaft, in der  Forstverwaltung oder der Industrie und im Bergbau. Generell sollten alle Lager einem gewissen Standart entsprechen der von einer  Militärbaukommision in Berlin festgelegt wurde. Waren zu Beginn noch  Unterkünfte für bis zu 500 Personen vorgesehen wurde dies aus  hygienischen Gründen aber bald auf 100 bis höchstens 150 Gefangene pro  Baracke festgelegt. Auch Waschräume, Toiletten und Gemeinschaftsräume  waren vorgegeben ebenso eine Kantine und Desinfektionsgebäude. Ein  weiterer Schwerpunkt waren die Einrichtungen des Sanitätsdienstes. Neben Revierstuben in den einzelnen Baracken waren meist größere Lazarette  angegliedert um die hohe Anzahl verwundeter und erkrankter Gefangenen  aufnehmen zu können.

Die Struktur des Lagers in Griesheim

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Das Gefangenenlager war eine,  in sich abgeschlossene, eigene Welt mit fast allem was auch in jeder  Stadt dazu gehörte. Die Gefangenen waren in fünf Bataillone unterteilt  wobei die Mannschaften in großen Baracken untergebracht waren.  Unteroffiziere und Offiziere hatten getrennte Räumlichkeiten mit etwas  mehr Platz. Die Unterkünfte für jedes Bataillon bestand aus acht Holzbaracken und den dazugehörigen Verwaltungs- und  Infrastrukturgebäuden. Zwischen den einzelnen Bataillonen war ein  Doppelzaun der in der Mitte des Lagers im Bedarfsfall, geöffnet werden  konnte. Die einzelnen Abteilungen verwalteten sich selbst und hatten  jeweils ein eigenes Geschäftszimmer dem ein Offizier vorstand.  Abgesondert war das Kriegsgefangenen-Lazarett das separat versorgt und  verwaltet wurde. Den französischen Gefangenen wurde eine Art  Selbstverwaltung zugestanden und sie konnten sich in ihren abgesteckten  Bereichen frei bewegen. Lediglich für bestimmte Tätigkeiten oder  Veranstaltungen verließen die Gefangenen ihren angestammten Bereich.  Übergeordnet waren zum Beispiel der Feuerlöschdienst für den über das  gesamte Lager Hydranten und Feuerlöscharmaturen verteilt waren. Ein  Desinfektionsraum für Neuankömmlinge und daran angeschlossene Bade- und  Duschräume dienten der allgemeinen Hygiene und Gesundheitsvorsorge.

Bis auf die Offiziere waren  alle Gefangenen nach internationalem Recht zur Arbeit verpflichtet. In  Anbetracht der allgemein schlechten Versorgungslage im deutschen Reich  war es erforderlich im Lager fast alle anfallenden Arbeiten selbst zu  erledigen und eine gewisse Selbstversorgung zu organisieren. Eine modern ausgerüstete Metzgerei und eine ebensolche Bäckerei sorgten für die  Grundversorgung. Für umfangreichere Arbeiten wie z.B. das allseits  beliebte Kartoffel schälen hatten die einzelnen Bataillone jeweils das  entsprechende Personal an die gemeinsame Essenszubereitung zu stellen.  Von einer zentralen Ausgabe wurden die dort hergestellten Nahrungsmittel an die einzelnen Bataillonsküchen verteilt. Um die Versorgung zu  verbessern erhielten die Gefangenen die Möglichkeit sich auch selbst an  einer Verbesserung der Versorgungslage zu beteiligen. Es wurden in  verschiedenen Bereichen des Lagers Gemüse- und Salatbeete angelegt. Für  einen willkommenen Nachschub an frischer Milch, Eiern und auch an  Fleisch sorgten eine Ziegenherde und eine Geflügelzucht. Eine zentrale  Wäscherei sorgte für das komplette Lager an geordneter Kleidung genauso  wie die Schneider- und Schusterwerkstätten. Zu den größeren  Arbeitsplätzen innerhalb des Lagers gehörten eine Schreinerei mit  umfangreichem Maschinenpark sowie eine Schmiede und eine Korbflechterei. Aber auch was man nicht vermutet hätte gab es: eine Bildhauerwerkstatt. Hier wurde unter anderem das Ehrenmal für die verstorbenen Gefangenen  gefertigt.

Als wichtig gegen Langeweile  und Lagerkoller wurde auch die Freizeitgestaltung angesehen. Für die  Bewegung gab es einen Sportplatz auf dem Fußball gespielt und Leichtathletik betrieben werden konnte. Mehrere Plätze waren für den französischen Nationalsport Petanque angelegt und  sehr beliebt. Aber auch kulturelle und musische Aktivitäten wurden  gefördert und unterstützt, so gab es eine Kapelle und einen Chor. Der  Christliche Verein junger Männer hatte eine Versammlungshalle mit  angeschlossenem Leseraum mit einer kleinen Bibliothek gestiftet die  eifrig genutzt wurde. In dieser Halle wurden auch die beliebten Theateraufführungen veranstaltet. Alle Konfessionen führten in  regelmäßigen Abständen Gottesdienste durch.

Der rechte  Lagerbereich war für die Bewachungsmannschaften des Landsturms und für  die Verwaltung vorgesehen. Auch hier gab es Wohn- und Schlafräume, eine eigen Küche und Sanitärgebäude.

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Die Hauptlagerstraße. Gut zu erkennen die Abbtrennungen der einzelnen Bereiche durch Zäune.

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Vorbereitungen für das Mittagessen

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Französische Gefangene sowie ein Offizier und ein Soldat der  Landsturm-Bewachungsmannschaft an der Brotverteilungs-stelle an  Weihnachten 1916

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Basteln für die Kinder in der Freizeit

Generalmajor Hans Kosack
Chef das Lagers war der Generalmajor Hans Emil Hermann Kosack. Er wurde am  20.6.1862 in Mainz geboren, besuchte anschließend das Gymnasium in  Meiningen und die Haupt-Kadettenanstalt in Groß-Lichterfelde. Von 1879  bis 1890 diente er beim Königl. Preußischen Infanterie-Regiment Markgraf Karl (7. Brandenburgisches) Nr. 60 in Weißenburg unter anderem als  Adjudant und Lehrer an der Militär Turnanstalt. Er wurde zum  Infanterie-Regiment Freiherr von Sparr (3. Westfälisches) Nr. 16 nach  Köln versetzt wo er, zum Hauptmann befördert, als Kompaniechef tätig war.  Im Jahre 1898 wurde er zum Leiter der Unteroffiziersvorschule in  Neubreisach ernannt wo er bis 1903 blieb um anschließend wieder beim IR  16 als Bataillonskommandeur zu dienen. Als Oberst und Kommandeur des 3.  Oberschlesischen Infanterie-Regiments Nr. 62 in Cosel (Oberschlesien)  wurde er im Jahre 1913 mit dem Charakter eines Generalmajors in den  Ruhestand verabschiedet.
Am 26. Januar 1910 heiratete er seine Ehefrau Laura, geb. Sohn (geboren am 4. März 1873), aus Engelskirchen. Im gleichen Jahr, am 10. April, wurde ihr Sohn Hans geboren. Die Familie lebte seit März 1913 in Wiesbaden.
Mit dem 1. Weltkrieg wurde Kosack wieder aktiviert und übernahm im Januar  1915 die Leitung des Griesheimer Gefangenenlagers. Während dieser Zeit  lebte er mit seiner Familie in Darmstadt, zuerst am Viktoriaplatz 10 und seit Oktober 1915 in der Heinrichstraße 55 in der Pension Gaulé.
Im Februar 1917 wurde Hans Kosack zum Inspekteur der Kriegsgefangenlager  im Bereiche des XVIII Armeekorps ernannt und nach Frankfurt versetzt.  Die Familie zog am 1. Mai 1917 wieder nach Wiesbaden in die Niedesheimer  Str. 28 wo sie schon 1913 gelebt hatten. In dieser Zeit wurde er noch  einmal befördert, er trug nun den Rang eines Generalleutnants.
Hans Kosack verstarb im Alter von 80 Jahren im Jahre 1942.

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“Löschzug” mit Bewachungsmannschaft

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Preussische Bewachungsmannschaften der  Landwehr mit einigen französischen Gefangenen. Die meist älteren  Bewacher hatten zum größten Teil ein eher Väterliches Verhältnis zu  ihren jugendlichen ”Prissoniers de Guerre“ waren doch meist ihre eigen  Söhne im Krieg und auch sie hofften auch auf eine gute Behandlung dieser im  Falle einer Gefangennahme.

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Einer der Operationsräume des Kriegsgefangenen-Lazaretts. Das medizinische  Personal arbeitete eng mit dem ebenfalls auf dem Übungsplatz nebenan befindlichen deutschen Reserve-Lazarett III zusammen. Viele der  eintreffenden Französischen Soldaten waren nach den schweren Kämpfen  verwundet und bedurften intensiver Pflege. Aber nicht nur Verwundungen  stellte das Personal vor große Probleme vielmehr war ein ständiger  Kampf gegen Epidemien und sonstige eingeschleppte Plagen an der  Tagesordnung. Im allgemeinen kann hier angemerkt werden das die  Versorgung der Gefangenen im Gegensatz zu späteren Kriegen noch auf  einem hohen Niveau lag. Die Sterblichkeit von in Deutschland  internierten Soldaten lag bei ca. 5%. Die Überlebenschance in jener  Zeit war als Kriegsgefangener bedeutend höher als auf einem der vielen  Schlachtfelder des Weltkrieges (vor Verdun 1916 ca. 14 Tage).

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Feuerlöschübung

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Ausstellung von Geschenken an die Angehörigen in Frankreich. Das Material und der Transport wurde meist durch das Internationale Rote Kreuz organisiert.

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Operationssaal

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Kriegsgefangenengeld für die Lager im Bereich des XVIII Armeekorps

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Verteilung der zentral gekochten Suppe

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Beim Fußballspiel

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Nachtruhe in einer Mannschaftsbaracke

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Passierschein zum Betreten des Gefangenenlagers für Wachmannschaften und Beschäftigte

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Blick  in die Energie-Zentrale des Lagers. Wie hier zu erkennen ist wurden  auch zivile Arbeiter und Angestellte eingesetzt. Die Lagerinterne  Struktur war klar geregelt: Leitung und Bewachung durch das Militär,  Logistische Führungs- positionen und Facharbeiter durch ziviles Personal  und die Hilfstätigkeiten durch Gefangene die hierfür eine kleine  Entlohnung erhielten. Für das verdiente Geld konnten sie in den  lagereigenen Kantinen und Geschäften einkaufen.

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Fotomontage aus dem Jahre 1914 des Ateliers Bethge. äußerst beliebt waren Fotos mit Französischen Truppen aus Nordafrika die einen Hauch von Exotik  versprühten. Waren beim fotografieren für ein Gruppenbild keine Soldaten wie Turkos oder Zuhavs vorhanden wurden sie kurzerhand einmontiert.  Aber auch politisch war die Darstellung der Hilfstruppen gern gesehen,  sollten sie doch die Schwäche des Gegners verdeutlichen der nicht ohne  Hilfe aus seinen Kolonien auskam.

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Gruppenbild mit frisch eingetroffenen französischen Truppen

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Hier einige schöne Beispiele für die Freizeitbeschäftigung eines Kriegsgefangenen: aus farbigen Postkarten fertigte ein unbekannter und  künstlerisch begabter französischer Soldat diesen Wandschmuck für seine Kameraden zur Erinnerung an ihre Zeit in Griesheim

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Etwas mehr Komfort war für die Unteroffiziere vorgesehen die in kleineren Gruppen untergebracht wurden

Zwei seltene Privataufnahmen vom Marsch gefangener Franzosen nach Griesheim im Jahr 1914

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Gesamtansicht mit Uhrturm und Spritzenprobe in der Hauptlagerstraße

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Blick in eine Mannschaftsunterkunft

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Gartenbau vor der Landwehrunterkunft

Die Versammlungshalle (Gestiftet vom CVJM) war der zentrale Punkt für alle kulturellen Veranstaltungen

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Desinfektionsraum

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Leseraum

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Katholischer Gottesdienst

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Haupteingang zum Lazarett

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Gemeinschaftsduschen

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Theateraufführung

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Evangelischer Gottesdienst

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Operationsraum

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Boule Platz in einer Lagerstraße

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Kirchengebäude

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Lazarettkomplex

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Krankenlager

Einen hervorragenden Einblick in das Schicksal der Kriegsgefangenen gibt  uns die Postkartenserie ”Kriegsjahr 1914“ die in den ersten Wochen des Krieges einen umfassenden Einblick über das Leben und die Gefühle der Menschen in Darmstadt gibt. Ankommende Züge mit Gefangenen wurden von wahren Massen der Bürgern in Empfang genommen. Besonders exotische Gruppen machten auf die Menschen der damaligen Zeit einen großen Eindruck. So waren etwa Farbige Soldaten aus den Kolonien, aber auch Schotten mit ihrem charakteristischen Kilt eine kleine Sensation und ein begehrtes Motiv der Fotografen.

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Ein  sehr beliebtes beliebtes Motiv der Propaganda waren Bilder die  gefangener Ofiziere zeigten. Sie sollten der Bevölkerung den Glauben  vermitteln das eine Armee deren Offiziere in Mengen in Gefangenschaft  geraten nicht lange Widerstand leisten kann und der Kampf bald ein  siegreiches Ende finden wird.

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In der  ersten Zeit des Krieges trafen in Darmstadt meist gemischte Formationen aus Engländern und Franzosen ein die gemeinsam auf dem Griesheimer  Sand interniert wurden. Im Laufe der Zeit stellte sich heraus das eine gemeinsame Unterbringung der im Weltkrieg verbündete Nationen die  Wachen vor Probleme stellte. Immer häufiger kam es zwischen Franzosen  und Briten zu Streitigkeiten und Auseinandersetzungen was dazu führte  das die Englischen Soldaten in ein eigenes Lager überführt wurden.

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Ankunft eines umfangreichen Transports Französischer Gefangener in Darmstadt.  Recht improvisiert werden die Verwundeten von Mitgliedern des Roten  Kreuzes auf Bauernwagen abtransportiert

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Im  Gegensatz zu den skeptischen Blicken der Soldaten auf den linken Bildern  zeigten sich die Elitesoldaten der Jäger zu Pferd auf der rechten Seite  doch ziemlich siegessicher und unbeeindruckt über ihre Gefangennahme.  Der Zustand der Männer, ihre nach wie vor akkurate Uniformierung und  die Unversehrtheit der Chasseurs lassen jedoch den Schluß zu das sie  wohl kaum in härtere Kampfhandlungen verwickelt waren.

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Auch Zivilpersonen aus vielen Europäischen Ländern wurden während des 1. Weltkriegs in Griesheim inhaftiert.

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Immer gern gesehen waren die “Exoten” der französischen Kolonialtruppen

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Schon sehr früh wurden aus Gefangenen zusammengestellte Arbeitskommandos eingesetzt

Das Postwesen

Einen der wichtigsten Momente im Leben der Gefangenen war die  Postverteilung, aber auch das Schreiben und der Kontakt zu die  Angehörigen war von immenser Bedeutung und hatte neben den täglichen  Bedürfnissen wie Essen, Trinken und Schlafen den wohl größten  Stellenwert in diesen Jahren. Wie die Feldpost für die eigene Truppe so gab es seitens der Deutschen Militärverwaltung der Gefangenenlager  große Anstrengungen die Postbeförderug zwischen den Fronten in  geregelten Bahnen zu halten. Ein Riesiger Apparat der Feldpost mit über 8000 Beamten und Soldaten sorgte täglich dafür das enorme Mengen von  Briefen und Karten befördert werden konnten. Im Verlauf des Krieges  beförderte die deutsche Feldpost ca. 29 Milliarden Sendungen, täglich  ca. 16,5 Millionen. Wie die Beispiele zeigen gab es Vordrucke aus  Britisch/Französischer Fertigung, Neutrale Karten und eigens für das  Lager in Griesheim angefertigte. Eines war aber bei allen gleich: der  Stempel der Prüfungsstelle die die ein und ausgehende Post für die  Weiterleitung freigeben mußte. Auch Irrläufer fanden, trotz des Krieges, nach alter Posttradition den richtigen Weg zu ihrem Empfänger in ganz Europa.

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Für den regen Briefwechsel der Gefangenen mit ihren Angehörigen stand eine Vielzahl von Vordrucken und Formularen zur Verfügung die alle bei der Postprüfungsstelle auf ihren Inhalt kontrolliert wurden. Alle Arten  der Postbeförderung zwischen Frankreich und dem Lager waren  Grundsätzlich möglich. Es wurden von der einfachen Postkarte über  Fotokarten oder Großbriefen bis zu Paketkarten alles angeboten.  Sammelsendungen von Lager zu Lager ermöglichten eine Korrespondenz von  gefangenen Soldaten untereinander. Eine der oberen Karten zeigt aber  auch das zahlreich Zivilpersonen aus Frankreich, Belgien oder den  Niederlanden als Internierte in Griesheim strandeten.

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Karte des Int. Roten Kreuzes für Kriegsgefangene

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Mit einigem Aufwand wurden alle ein- und ausgehenden Postsendungen von der Prüfungskommision begutachtet.

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Seltene Karte mit dem Motiv des Denkmals für verstorbene Gefangene. Angefertigt als Kriegsgefangenensendung nach Frankreich

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Brief an das Rote Kreuz, Genf

Arbeitseinsätze

Grundsätzlich waren nach der Haager Landkriegsordnung alle Mannschaftsdienstgrade  zur Arbeit verpflichtet die Offiziere hingegen nicht. Wie aus dem  weiter unten stehenden Vertrag zu ersehen ist wurden dem Arbeitgeber  pro Tag und Person 60 Pfennig für die Verpflegung von der Verwaltung  des Lagers überwiesen. Dieser Betrag galt in gleicher Höhe für die  Gefangenen ebenso wie für die Wachmannschaften. Das hauptsächliche  Arbeitsgebiet waren die Land- und Forstwirtschaft aber auch im  Straßenbau und der Industrie waren sie eingesetzt, also in  Arbeitsgebieten in denen das Fehlen der Männer, die an der Front waren, besonders eklatant waren. Es ist anzunehmen das es der Leitung des  Lagers sehr entgegenkam je mehr Gefangene sich zu längeren  Arbeitseinsätzen außerhalb befanden da sich die allgemeine  Versorgungslage mit der Dauer des Krieges immer mehr verschlechterte  und die Ernährung in kleineren Gruppen durch Landwirte und Unternehmer  leichter war als in einem Lager mit Tausenden Menschen. Die Bewachung  übernahmen Angehörige der Landsturm-Infanterie-Ersatz-Bataillone, also  meist ältere Männer des letzten Aufgebotes. Die Führung vor Ort hatte meist  ein Offiziersstellvertreter.

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Aber auch innerhalb des Lagers gab es viele Arbeitsplätze an denen die  Kriegsgefangenen tätig wurden. Beschäftigt wurden die Gefangenen unter  anderem: in der Küche, der Wäscherei. Bäckerei, Schlachterei, einer  Schneiderwerkstatt, einer Schuhmacherwerkstatt, Schreinerei, Schmiede  und einer Korbflechterei. Weitere Betätigungsfelder waren Einrichtungen  für die Selbstversorgung des Lagers, etwa in Gärten, der Hühner- und  Ziegenzucht. Die Werkstätten arbeiteten auch im Auftrag von Firmen der Umgebung und für den Übungsplatz sowie für Behörden und andere öffentliche Einrichtungen.

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Küche

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Schuhmacherwerkstatt

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Schmiede

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Metzgerei

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Wäscherei

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Ziegenhaltung

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Die beiden Fotos zeigen Männer von Arbeitskommandos aus dem Lager  Griesheim. Wie bei der Verpflegung so herrschte auch bei der Bekleidung ein ständiger Mangel. Das Lager verfügte über eine eigene  Bekleidungsstelle die für das Lager und auch für die Arbeitkommandos  zuständig war. Anscheinend wurde gerade auf eine halbwegs normale Kleidung viel Wert gelegt. Sind auf den Fotos oft ankommende Gefangene  in sehr schlechter Uniform erkennbar so sieht man auf späteren Bildern  diese nicht mehr. Auf dem Foto links sind eine vielzahl ziviler und  militärischer Kleidung zu sehen, der Franzose auf dem oberen Bild hat  nur noch sein Käppi von der alten Uniform und präsentiert es auf dem  Stuhl vor ihm. Er trägt auch die Holzschuhe die sich als überaus  praktisch und strapazierfähig erwiesen haben.

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Kriegsgefangener Pilot der französischen Luftstreitkräfte

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Küchenhelfer beim Kartoffelschälen

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Schreinerei Innenbereich

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Korbflechterei

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Maschinenraum der Metzgerei

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Maschinenraum der Wäscherei

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Geflügelställe

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Schneiderei

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Schreinerei Außenbereich

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Verpflegungslager

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Bäckerei

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Gedenkstätte

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Bereits während des ersten Weltkrieges wurde auf dem Darmstädter Waldfriedhof ein Denkmal für die in Gefangenschaft verstorbenen französischen Soldaten errichtet. Das in den Werkstätten des Griesheimer Lagers geschaffene Mahnmal wurde am 5.11.1917 eingeweiht und ist mit den Namen der über 240 Soldaten versehen die, die Gefangenschaft nicht überlebten. Heute ist eine Kopie der Gedenkstätte zu sehen, das Original wurde bereits 1922 zusammen mit den sterblichen Überresten auf den zentralen Nationalfriedhof ”Nécropole nationale des prisonniers de guerre francais” für Kriegsgefangene französische Soldaten nach Sarrebourg überführt. Auf dem Waldfriedhof finden sich über 1100 Gräber aus der Zeit des 1. Weltkriegs, davon über 750 von ausländischen Verstorbenen. Aber auch fast 400 Gräber deutscher Soldaten sind hier zu finden, zahlreiche davon verstarben in den Lazaretten so auch in dem auf dem Griesheimer Sand.

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Neuerwerbungen

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Colorierte Karten mit französischen Gefangenen