Sammlung Peter Merschroth

Das Straßburger Feld-Artillerie Regiment Nr. 84

Aufgestellt wurde diese Formation am 1.10.1912 und wie der Name schon sagt mit  Garnison in Straßburg im Elsass. Es war die letzte Formation die in  Friedenszeiten als reguläres Regiment ins Leben gerufen wurde. Das  Regiment unterstand der 30. Infanterie-Division und der 30.  Feldartillerie Brigade ebenfalls mit Sitz in Straßburg. Im Elsass wurde  die 1. Abteilung mit der Feldkanone 96 n.a. aufgestellt und gleichzeitig auf dem Truppenübungsplatz Griesheim die 2. Abteilung die mit der  leichten Feldhaubitze 98/09, Kaliber 10,5cm, ausgerüstet war. Erster  Kommandeur war  Oberst von Stumpff.

Die zweite Abteilung des FAR 84 war die einzige reguläre Einheit die in  Griesheim zu Friedenszeiten aufgestellt wurde. Sie dürfte nach meinen  Nachforschungen in Griesheim etwa folgende Stärke gehabt haben:

      6 Batterien mit je 6 Geschützen der leichten Feldhaubitze 98/09
    ca. 25 Offiziere
    ca. 600 Mannschaften und Unteroffiziere
    Leichte Munitionskolonne mit ca. 40 Wagen
    Über 600 Pferde
    Dazu kame noch Ärzte, Veterinäre und sonstiges Verwaltungspersonal.

Als eines der jüngsten Regimenter der alten Armee wurde das Regiment zur Verstärkung der Grenzwacht im Westen von Elsass-Lothringen aufgestellt. Es gehörte zum neugebildeten XXI. Armeecorps in Saarbrücken. Als Stammabteilung trat die erste Abteilung des 1. Oberelsässischen Feldartillerie-Regiments Nr. 15 in Straßburg zum neuen Regiment über. In Griesheim gehörten die 4. Batterie des 1. Nassauischen Feldartillerie Regiments Nr. 27 “Oranien”, die 5. Batterie des 2. Nassauischen Feldartillerie Regiments Nr. 63 aus Frankfurt und die 6. Batterie des 2. Oberelsässischen Feld Artillerie Regiments Nr. 51 zum Stamm des neuen Regiments. Durch diese Neuaufstellung und Teilung bestehender Regimenter wurde erstmals die Fedartillerie den Divisionen bereits in Friedenszeiten zugeteilt, das FAR 84 gehörte somit zur 30. Infanterie Division. Für die 2. Abteilung sollte Griesheim nur ein vorübergehender Standort sein, als Garnison waren zunächst Zabern, später Schlettstadt im Elsass vorgesehen. Die Aufstellung war bis zum 6. Oktober abgeschlossen. Abteilungskommandeur in Griesheim war Major Rochlitz, ihm zur Seite stand Abteilungsadjudant Oberleutnant Steiglehner. Die Batterien wurden jeweils von einem Hauptmann befehligt die jeweils von zwei bis drei weitere Offizieren unterstützt wurden. Gegenüber den alteingesessenen Regimentern mußte größter Wert auf eine fundierte Ausbildung aller Mannschaften gelegt werden da es keine Altgedienten und somit Erfahrenen Artilleristen gab die das Regiment schon länger kannten. Die Rekruten zur Auffüllung der Mannschaften kamen vor allem aus dem Elsass aber auch als Westfalen, Baden und dem Rheinland. Das Reserve Offizierskorps wurde durch Versetzung aus anderen Regimentern gebildet. Während die erste Abteilung in Straßburg schon eine festgefügte Einheit war die sich und ihr Handwerk kannten so mußte die Abteilung in Griesheim erst langsam zusammengeschweißt werden. Die eigentliche Ausbildung begann im Herbst mit dem Eintreffen neuer Rekruten. Diesen wurden durch Offiziere, Unteroffiziere und den älteren Jahrgängen das nötige Grundwissen vermittelt. Reiten, Weiterbildung am Geschütz und das exerzieren der bespannten Batterien bildeten den Schwerpunkt der Ausbildung. Am 20. Mai 1913 übernahm der Oberstleutnant Rudolf Bleidorn die Führung des Regiments. Im Sommer 1913 vereinigte sich das komplette Regiment erstmals in Griesheim zum gemeinsamen Scharfschiessen. Im Herbst des gleichen Jahres traf sich das Regiment zum zweiten gemeinsamen Übungseinsatz im Elsass. Die letzte gemeinsame Übung beider Abteilungen fand im Frühjahr 1914 auf dem Truppenübungsplatz  Bitsch in den Vogesen statt.  Von der Ermordung des österreichischen Thronfolgers in Sarajewo erfuhren die Artilleristen während einem Mannöver im Verband der 30. ID. Am 31. Juli erreichte das Regiment der Befehl “Drohende Kriegsgefahr”. Dieser Befehl löste die verschiedensten Maßnahmen aus: Schutz von Brücken und Bahnlinien und den verstärkten Grenzschutz. Der Befehl zur Mobilmachung kam am 1. August darin wurde der 2. August 1914 zum ersten Mobilmachungstag gennant. Mit diesem Befehl war klar das es zu bewaffneten Auseinandersetzungen kommen wird und das Regiment bereitete alles für einen schnellen Abmarsch vor. Im laufe der folgenden Tage trafen alle Beurlaubten Soldaten bei der Truppe ein und wurden auf die Batterien verteilt, die Pferde wurden neu beschlagen und die Munition- und Versorgungswagen beladen und zu Kolonnen zusammengestellt. Am Nachmittag des 7. August marschierte die II Abteilung von Griesheim nach Darmstadt zur Bahnverladung. Erster Einsatzort der 84er war der Oberelsass wo sich die beiden Abteilungen am 8. August Rappoltsweiler und Rennweiler zusammenschlossen um in den Einsatz gegen die ins Reich eingedrungenen Franzosen zu gehen. Bei Sennheim und Mühlhausen bestanden die Artilleristen ihre erste Feuerprobe.

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Eines der seltenen Fotos der 84er aus der Friedenszeit. 1913 in Griesheim

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Reservistenkrug des Reservisten Michel II. Ursprünglich beim FAR 63 in Frankfurt beendete er seinen Wehrdienst beim FAR 84 in Griesheim.

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Schulterklappen des FAR 84. Links: Mannschaften, Mitte: Leutnant, Rechts: Major

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Diese nach  Deutsch-Südwestafrika gelaufene Postkarte erlaubt uns heute  nachzuvollziehen wie sich das neu aufgestellt Regiment zusammensetzte.  Bei fünf der sechs Batterie-Feldwebel hat der Verfasser deren Herkunft  vermerkt. Es handelt sich um folgende Einheiten: 1.  Oberelsässisches-Feldartillerie Regiment Nr. 15 (Saarburg, Mörchingen),  1. Nassauisches Feldartillerie-Regiment Nr. 27 (Mainz, Wiesbaden) und  dem 2. Nassauischen Feldartillerie-Regiment Nr. 63 (Frankfurt, Mainz).

Im Laufe des 1. Weltkriegs wurde das Regiment mit einer dritten Abteilung plus Versorgungseinheiten  verstärkt und hatte somit 9 Batterien an Kampfstärke.

Hier ein kurzer Überblick über die wichtigsten Kampfhandlungen an denen das FAR 84 während des ersten Weltkriegs beteiligt war

    13. - 18. August 1914 Marsch nach Lothringen
    19. - 22. August 1914 Schlacht bei Saarburg
    24. - 29. August 1914 Schlacht bei Nancy und Epinal
    9. - 13. September 1914 Schlacht an der Aisne
    27. September - 19. Oktober 1914 Erster Stellungskrieg
    21. - 29. Oktober 1914 Schlacht in Flandern
    1. - 31. Dezember 1914 Stellungskrieg in Flandern
    1. - 21. April 1915 Kämpfe um die Höhe 60 bei Ypern
    22. April 1915 Erster Gasangriff bei Ypern
    bis Jahresende 1915 weitere Stellungskämpfe in Flandern
    1. Januar - 31. Februar 1916 Ausbildung im Raum Gent
    1. - 20. Februar 1916 Schlacht bei Verdun
    10. März - 31. Mai 1915 Gefechte an der Maas
    10. März - 31. Mai 1916 Kämpfe in der Woevre Ebene
    1. Juni -29. August 1916 Erstürmung des Fort Baur und der Hohen Batterie von Damloup
    29. August - 25. Oktober 1916 Kämpfe vor Verdun
    26. Oktober - 25. November 1916 Schlacht an der Somme
    12. - 20. Dezember 1916 Weiterer Einsatz vor Verdun
    1. - 30. Januar 1917 Kämpfe an der Maas
    26. Januar - 5. April 1917 In der Champagne
    6. April - 27. Mai 1917 Doppelschlacht Aisne-Champagne
    28. Mai - 19. August 1917 Stellungskämpfe in der Champagne
    20. August - 26. Oktober 1917 Kämpfe vor Verdun
    21. November - 14. Dezember 1917 Tankschlacht bei Cambrai
    15. Januar - 1. April 1918 Stellungskämpfe am Kanonenberg bei Cernay
    2. April -  2. Juli 1918 Große Schlacht in Frankreich
    15. -17. Juli 1918 Angriffsschlacht in der Champagne
    22. August - 24. September Eingreifdivision in Flandern
    27. September - 7. Oktober 1918 Kämpfe an der Siegfriedstellung
    10. - 30. Oktober 1918 Endkämpfe an der Hermannstellung

Nach dem Waffenstillstand am 11. November 1918 mußte sich das deutsche Heer innerhalb von 14 Tagen hinter den Rhein zurückziehen. Der Rückmarsch des Regiments begann am  dem 13. November. Beim Rückmarsch durch das Ahrtal mußten alle Angehörigen des Regiments die aus dem Elsass oder Lothringen stammten ihre Einheiten verlassen und wurden mit der Bahn in ihre Heimat befördert.  Bei Königswinter überquerten sie Rhein. In Wissen an der Sieg und verschiedenen Westerwaldorten wie Breitscheid wurden wegen der Entlassung der Elsässer und der älteren Jahrgänge alle leichten Munitionkolonnen aufgelöst. Endgültiger Demobilmachungsort war Heiligenstadt in Thüringen wohin das Regiment bis Mitte Januar 1919 verleg wurde. Die Ersatzabteilungen wurden im Raum Lahr demobilisiert. Die Mannschaften wurden nach und nach entlassen und die Offiziere wurden verabschiedet oder zu anderen Formationen versetzt. Viele meldeten sich freiwillig zu den neugebildeten Grenzschutzeinheiten die zum Schutz der Ostgrenze aufgestellt wurden. Ein letzter Rest der alten Formation mit zwei Batterien unterstellte sich im Raum Marburg dem “Detachment Hasse” mit dem es in die Umgebung von Werder bei Berlin verlegt wurde um sich an der Niederschlagung der Spartakus-Aufstände zu beteiligen. Nach einer zweiwöchigen Alarmbereitschaft in Berlin-Charlottenburg wurden die Artilleristen an die polnische Grenze nach Oberschlesien verlegt wo sie in recht abenteuerlicherweise ständig ihren Einsatzort wechseln mußte. Die Freiwilligen hatten eine 14-tägige Kündigungsfrist und so war es nicht verwunderlich das sich bei den widrigen Umständen, der schlechten Versorgungslage und der kalten Witterung, die ersten Auflösungserscheinungen zeigten. Im Mai 1919 wurde das 100.00 Mann Heer der Weimarer Republik aufgestellt und die Reste der beiden verblieben Batterien wurden in die Reichswehr eingegliedert. Ihren letzten Einsatz als alter Verband hatten sie bei der Niederschlagung des “Polenaufstandes” im August 1919. Nachdem auch die letzten beiden verbliebenen Batterien immer mehr zusammengeschrumpft waren wurden sie im Januar 1920 zu einer Restbatterie vereinigt. mit dem Übertritt der verbliebenen Kräfte in das Reichswehr Artillerie Regiment Nr. 3 in Schweidnitz hörte das FAR 84 auf zu existieren.

Währen des 1. Weltkriegs verlor das Regiment 45 Offiziere, 74 Unteroffiziere und 274 Kanoniere. Alleine vor Verdun gab es mehr als 50 Tote und über 210 Verwundete. Es gingen über 100 Geschütze verloren. Weitere schwere Verluste waren bei Ypern und bei der ersten Tankschlacht der Geschichte bei Cambrai zu verzeichnen

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Mannschafts Pickelhaube der preußischen Feldartillerie Verbände

Die Regimentskommandeure

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Generalleutnant von Stumpff
1.10.1912 - 19.5.1913

General der Artillerie Bleidorn
20.5.1913 - 24.12.1914 u 6.2.1915 - 8.6.1916

Oberst Rochlitz
24.12.1914 - 5.2.1915

Generalmajor Reinecke
8.6.1916 - 15.1.1919

Generalmajor von Gilsa
16.1.1919 bis zur Auflösung

 

Denkmal des Regiments auf dem Korbmattfelsen bei Baden-Baden

Geschütz bei Broville

Leutnant Schürmeyer als Beobachter

Betonunterstand der 7. Batterie

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Artillerist des FAR 84 in den ersten Kriegstagen an der Front im Westen. Neben dem Karabiner ist er mit der langen Pistole 08 vom Kaliber 9mm bewaffnet die speziell für die Artillerie entwickelt wurde.

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Regimentstab Juni 1915

Feuerstellung bei Beaumont Januar 1917

Feuerstellung bei Beaumont Januar 1917

Großkampftag. Munition wird in die Stollen gebracht.

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Offizier des FAR 84.

 

J. Vix

Kanonier Joseph Vix

Einer der ersten gefallenen des FAR 84 war der Kanonier Joseph Vix (geb. 1878) aus Dahlenheim im Elsass.


Nach einer schweren Verwundung bei der Schlacht von Saarburg (19. – 22. August 1914) verstarb er kurz darauf in einem  Lazarett. Zugleich war er auch der erste Kriegstote seiner Heimatgemeinde Dahlenheim.


Wenige Monate später brachte seine Verlobte einen Sohn zur Welt der als Zwangseingezogener der deutschen Wehrmacht im 2. Weltkrieg gefallen ist.
 

 

Geschütz als Ballonabwehrkanone im April 1916

Die Hauptmänner Gronau, Steiglehner und Glemm

Durch Artillerie zerstörter englischer Tank

Unterstände